Wie funktioniert die elektrische Modelleisenbahn? -- Motoraufbau
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3. Motoraufbau
3.1 Läufer
Jeder Elektromotor enthält ein Bauteil, welches durch seine Bewegung das angeschlossene Getriebe antreibt. Dieses Bauteil
wird seiner Tätigkeit entsprechend Läufer genannt, weil es um seine eigene Achse sich dreht (d.h. läuft).
Andere Bezeichnungen sind Rotor (auf Grund der Rotationsbewegung), Anker (wegen der Form der Läuferspulen) oder
Kommutator (basiert auf Motoren mit Stromwendern commutato (lat.) = auswechseln, verändern, die Stromrichtung
ändert sich in den Läuferspulen periodisch mit der Umdrehung). Letzterer Begriff sollte nicht verallgemeinert werden,
da auch kommutatorfreie Motoren existieren. Mit Ausnahme der Synchronmotoren werden in vorliegender FAQ ausschließlich
Stromwendermotoren behandelt.
In den meisten Fällen sind Läufer aus Spulen aufgebaut, d.h. das zur Bewegung benötigte Magnetfeld wird
elektromagnetisch erzeugt. Somit zeigen diese Motoren alle Vor- und Nachteile von Spulen beim Betrieb (siehe
Abschnitt 4). Lediglich in Synchronmotoren
("C-Sinus", von Märklin) werden Permanentmagnete im Läufer angewandt.
3.2 Ständer
Damit der Läufer sich drehen kann, muß dieser durch ein zweites Magnetfeld angeregt werden. Dieses zweite Feld wird durch
ein fest installiertes Bauteil erzeugt, dem Ständer. Andere Begriffe sind Stator (lateinische Version),
Erreger (weil das zweite Feld den Läufer zum laufen bringt bzw. erregt) oder Feldmagnet (bei Elektromagneten als Ständer).
Wie bereits beim Läufer kann auch der Ständer als Permanent- oder Elektromagnet vorliegen. In vielen Fällen (DC-Modelle)
ist der Ständer ein Permanentmagnet, sogenannte AC-Modelle haben meistens einen Elektromagneten (viele Modelle
der Firma Märklin, Göppingen, im Maßstab H0).
3.3 Motortypen
Ständer und Läufer können, wie bereits erwähnt, als Permanent- oder Elektromagnet vorliegen. Somit gibt es
vier mögliche, magnetische Kombinationen, einen Motor aufzubauen:
- Läufer und Ständer Permanentmagnete
- Diese Kombination ist zum Antrieb nicht geeignet, da sich in mindestens einem Fall das Magnetfeld ändern muß
- Läufer Permanentmagnet, Ständer Elektromagnet
- In dieser Form im "C-Sinus"-Motor der Fa. Märklin verwendet. Dies ist ein bürstenloser Synchronmotor,
welcher ohne Ansteuerungselektronik nicht betrieben werden kann, da zum Antrieb ausschließlich eine
Frequenzmodulation
oder gepulste Frequenzmodulation verwendet werden kann.
- Läufer Elektromagnet, Ständer Permanentmagnet
- Diese Kombination kommt fast(?) ausschließlich in DC-Modellen vor und dürfte somit die größte Verbreitung
quer durch alle Spurbreiten und Maßstäbe haben. In diese Gruppe gehören auch Glockenankermotoren. Mit Ausnahme des
reinen AC-Betriebs sind diese Motoren, die elektrisch als "fremderregte" Motoren zu bezeichnen sind
(das Ständerfeld ist unabhängig vom Läuferfeld) fast universell einsetzbar.
- Läufer und Ständer Elektromagnete
- Solche eine Kombination kommt meines Wissens ausschließlich in Märklin-H0-AC-Modellen älterer Produktion vor.
Aufgrund der nun möglichen elektrischen Kombinationen ist eine gesonderte Betrachtung notwendig
Neben den oben erwähnten magnetischen Kombinationen sind auch elektrische Kombinationen möglich. Diese beziehen sich
auf die Anordnung von Läufer- und Ständerspulen zueinander:
- Läufer- und Ständerspulen werden unabhängig voneinander betrieben (FEM, FremdErregter Motor)
Nachteilig bei FEM ist seine Empfindlichkeit gegenüber Überlastungen, wie sie vor allem beim Anfahren, großen
Lasten/Steigungen und/oder ungünstigem Getriebe auftreten können und gegenüber Stromausfällen, bei denen
der Motor als Generator fungiert und durch induzierte Gegenspannungen sich extrem schnell abbremst, sofern nicht mechanische
Gegenmaßnahmen (Schwungscheiben etc.) getroffen werden. Im Fall von Permanentmagnet-Ständern erübrigt
sich eine aufwendige Entwicklung elektronischer Ansteuerungen für den Motor als Ganzes und die erwähnte
Eigenschaft als Generator zu dienen, machen den FEM gut geeignet für Impulssteuerungen
(siehe Abschnitt 4.3).
- Läufer- und Ständerspulen werden parallel an der selben Stromquelle betrieben (NSM,
NebenSchlußMotor)
Bei Läufer- und Ständerspule ist der zeitliche Verlauf der angelegten Spannung identisch. Bedingt durch diesen Aufbau
ist der NSM zum einen dem FEM recht ähnlich, andererseits zeigt der NSM auch markante Unterschiede, die auf der
spannungsabhängigkeit des Ständerfelds beruhen:
- Linearität zwischen Stromaufnahme und Last bei konstanter Spannung
- keine Linearität zwischen Spannung und Drehzahl (kaum AM-Steuerbar)
- komplizierter Zusammenhang zwischen Spannung und Stromaufnahme
Aufgrund dieser nachteiligen Eigenschaften ist der NSM mit Ausnahme einer Versuchsaufbauten nicht in der Modellbahn heimisch.
Gelegentlich werden Motoren mit Permanentmagnetständer als NSM bezeichnet, dies ist jedoch offensichtlich falsch. Ebenso
sind Umbauten von RSM (siehe unten), die einen konstanten Strom durch die Ständerspulen fließen lassen,
keine NSM. Elektronische Ansteuerungen oder gar Regelungen sind mit NSM nicht sinnvoll oder nahezu unmöglich.
- Läufer- und Ständerspulen werden seriell an der selben Stromquelle betrieben (RSM,
ReihenSchlußMotor)
Der zeitliche Verlauf des Stroms durch Ständer- und Läuferspule ist identisch. Somit wird motorintern eine Rückkopplung
des Läuferstroms zum Ständerstrom verwirklicht, was das Laufverhalten erheblich beeinträchtigt:
- (nahezu) Linearität zwischen Spannung und Drehzahl bei konstanter Belastung erst ab höheren Spannungen
- quadratische Abhängigkeit zwischen Last und Stromaufnahme
- in erster Näherung reziproke Abhängigkeit der Drehzahl vom Läuferstrom
Alle Modelle der Fa. Märklin vor Einführung der "HAMO"-modelle und die meisten Modelle bis heute enthalten
diesen RSM. Dieser Motor ist mit allen Stromarten betreibbar und zeigt bei Stromunterbrechnung gute Auslaufeigenschaften im Vergleich
zum FEM bei identischer Konstruktion. Nachteilig am RSM sind die Nichtlinearität der Drehzahl bei niedrigen Spannungen,
wodurch Erfahrung zum einwandfreiem Betrieb notwendig ist und die Eigenschaft, bei Lastabwurf loszuschnellen (am besten bei Talfahrten
zu sehen!). Eine elektronische Ansteuerung ist leicht möglich, obgleich Impulssteuerungen weniger für RSM geeignet sind.
Da der Generatoreffekt nicht genutzt werden kann, sind Regelungen für RSM in der Modellbahn nicht verbreitet,
obwohl recht einfach auf andere Weise möglich.
- Läufer- und Ständerspulen werden seriell (wie bei RSM) und zweite Ständerspule parallel zur RSM-Anordnung
an der selben Stromquelle betrieben (DSM, DoppelSchlußMotor)
DSM werden gelegentlich auch als Compund- oder Hauptschlußmotoren bezeichnet. In DSM sind die Eigenschaften von RSM und NSM
vereint. Allerdings sind die Abhängigkeiten recht kompliziert, sodaß kaum einfache Aussagen zum Betrieb möglich sind.
Ein Durchdrehen bei Lastabwurf wie beim RSM ist wegen der Parallelspule nicht möglich. Bei niedrigen Spannungen ist auch der DSM
kaum steuerbar. Wegen dieser Probleme sind DSM bis auf wenige Versuchsaufbauten nicht in der Modellbahn vorhanden.
Folglich gibt es auch keine elektronischen Steuerungen und/oder Regelungen. Im Vergleich zu Impulssteuerungen könnten
DSM eine wesentlich schonendere Alternative vor allem für ältere Märklinmodelle sein.
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Stephan-Alexander Heyn