Online-Rechner zur Bestimmung der Zugmasse von Modellbahnwagen (Java-Script notwendig)
In der Modellbahn spielt beim Anlagenbetrieb stets die Zugkraft von Lokomotiven eine Rolle. Unglücklicherweise wird diese Zugkraft in Publikationen nicht in Newton (die Einheit einer Kraft), sondern
physikalisch falsch, in Gramm (Einheit einer Masse) angegeben. Daher sind zuerst ein paar Definitionen notwendig, damit im Folgenden von Zugmassen die Rede sein kann:
- Zugkraft einer Modellbahnlokomotive: die Kraft, die eine Modelllokomotive auf die Schiene zwecks Antrieb eines Modellzugs auf die Schienen maximal übertragen kann. Einheit in N oder mN
- Zugmasse einer Modellbahnlokomotive: die Masse, deren Gewichtskraft gleich der Zugkraft der Modellbahnlokomotive ist. Einheit in g
- benötigte Zugkraft eines Modellwagens: die Kraft, die notwendig ist, um einen Modellbahnwagen die Schienen entlang rollend zu bewegen. Einheit in N oder mN
- benötigte Zugmasse eines Modellwagens: die Masse, deren Gewichtskraft gleich der benötigten Zugkraft des Modellbahnwagend ist. Einheit in g
Im Gegensatz zu den leicht zugänglichen Zugmassen der angetriebenen Modelle sind die Zugmassen, die zum Bewegen der Wagen benötigt werden meistens unbekannt und werden gerne
ignoriert. Dabei ist die Bestimmung der Zugmassen von Wagen sehr einfach. Die theoretische und praktische Betrachtung soll daher an dieser Stelle folgen.
Theorie
Alles rollende Material hat einen Fahrwiderstand, welcher von der Eigenmasse, den Streckenverhältnissen (Steigungen, Kurven) und der Konstruktion (Radmaterial) abhängt.
Man kann daher einen Ansatz folgender Art machen:
Ffahr = (μroll+μSteig+μreib+μKurv+μLuft)*Fges+μSchleifer*Fges
Da die Kräfte den selben Faktor g aus F = mg haben, kann man diesen wegkürzen und man erhält die Massengleichung:
mfahr = (μroll+μSteig+μreib+μKurv+μLuft)*mges+μSchleifer*mges
Dabei haben die Faktoren folgende Bedeutung:
μroll rollende Reibung
μSteig Steigung
μreib Lagerreibung
μKurv Kurvenwiderstand
μLuft Luftwiderstand
μSchleifer Schleiferwiderstand
Alle diese Faktoren sind aus mechanischen Größen mindestens abschätzbar. Daher sollen die Faktoren der Reihe nach besprochen werden.
μLuft
Der Luftwiderstand spielt nur bei hohen Geschwindigkeiten eine Rolle und berechnet sich nach:
μLuft=(ρ/2)*A*cw*v2/(mg)
ρ ist die Luftdichte (1,293 kg/m3), A ist die Querschnittsfläche, die von der Luft umspült wird (in m2), cw ist
der experimentell zugägliche Luftwiderstandskoeffizient (ohne Einheit) und v ist die Geschwindigkeit in m/s. In der Modellbahn spielt dieser Faktor keine Rolle.
Beispiel: A einer Wagenstirnwand ist ca. 4cm2, cw ca. 0,1 und v ist < 1m/s. Folglich ergibt sich für einen Wagen mit m=100g Masse ein μLuft von
2,7*10-5 oder 0,0027%. Gemessen an den folgenden Koeffizienten im Prozentbereich drei Größenordnungen kleiner.
μSchleifer
Wagen mit Schleifer haben einen bisweilen deutlich größeren Fahrwiderstand aufgrund der Feststoffreibung des Schleifers am Mittelleiter. Dieser zusätzliche Widerstand ist experimentell
zugänglich, indem die Andrückkraft des Schleifers auf die Gesamtmasse bezogen wird:
μSchleifer = FSchleifer/Fges
Die Verwendung eines Koeffizienten ist physikalisch nicht korrekt, sie wird jedoch wegen der Zweckmäßigkeit hier angewandt.
Bisher überprüft:
- Pilzschleifer Typ 320S (117 mN)
- Klapp-Skischleifer Typ 7074 (59 mN)
- Skischleifer Typ 7193 (245 mN)
Diese überschlagsmäßig gemessenen Kräfte sind mit 0.17 (Gleitreibung Metall-Metall) zu multiplizieren um die wirksame Kraft zu erhalten.
μSteig
Die Steigung einer Strecke wird stets in % angegeben und kann daher direkt übernommen werden. Möglich sind Steigungen bis ca. 7% für vorbildgerechte Anlagen und bis zu 15% in Modellbahnanlagen
bei beengten Platzverhältnissen. Als Koeffizient entspricht 1% dem Faktor 0,01.
μroll
Für die rollende Reibung gibt es folgenden Ansatz:
Die senkrecht zur Gewichtskraft der Wagenmasse Q (ohne Radsätze) steht die aufzubringende Reibkraft P. Beide stehen im Verhältnis
P = μreibQ
. Vektoraddition beider Kräfte ergibt die Resultierende R, die im Winkel arctan (Q/P) zu Q steht. Verlängert man diese Resultierende R
bis zum Radradius r ergibt sich der Hebelarm der rollenden Reibung f zu r*sin(arctan(P/Q)) oder
f = sin(arctan(μreib)) * r
Befindet sich diese Achse mit dem Radius r in einem Rad mit dem Radius RRad, so verkleinert sich nach dem Hebelgesetz die notwendige Kraft auf das r/R-fache. Zugleich kommt noch die zur Rollbewegung
notwendige Kraft für die Radsätze hinzu, und man erhält:
mroll=(f/Rrad)*(Q+mradsatz) = sin(arctan(μreib))*(r/RRad)*mges
Daraus berechnet sich der Koeffizient für die rollende Reibung nach
μroll = mRoll/(mges) = sin(arctan(μreib))*(r/RRad)
μreib
Im Achslager werden die für eine reine Flüssigreibung notwendigen Drehzahlen nicht erreicht und es bleibt eine Gleitreibung übrig. Deren Größe hängt nur von der Wagenmasse (ohne Räder)
und dem Zustand im Achslager ab. Diese Reibkraft wird ebenfalls nach dem Hebelgesetz, diesmal mit r/RRad auf die Schienen übertragen. Folglich setzt man an:
μreib= μLager * (mWagen/mges) * (r/RRad)
μkurv
Herleitung des Kurvenwiderstands ohne Radabstand auf der Achse
Der spezifische Fahrwiderstand setzt sich nun additiv aus allen Koeffizienten zusammen:
wt,rel = μroll+μSteig+μreib+μKurv+μLuft+μSchleifer
Man erhält schließlich die benötigte Zugmasse nach :
mZug = wt,rel * mges
und folglich auch die Zugkraft gemäß :
FZug = mZug*g
In der folgenden Tabelle können Sie nun die einzelnen Angaben nutzen, um die Zugmasse für ein bestimmtes Wagenmodell zu berechnen: (Kommazahlen bitte mit Punkt eingeben!)
Schrifttum
F. Sass, Ch. Bouche, A. Leitner, "Dubbel's Taschenbuch für den Maschinenbau", 12. Auflage 1963, Springer-Verlag ohG,
Berlin/Göttingen/Heidelberg
Karl-Heinrich Grote, Jörg Feldhusen, "Dubbel Taschenbuch für den Maschinenbau" 21. Auflage 2005, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, ISBN 3-540-22142-5
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